Dodo Schilein

24.09.2002
staatsbank berlin

– Handdrehorgel, Gitarre, Alltagsgegenstände –

Musik für eine Handdrehorgel I-VIII. Ursprünglich stammt die Handdrehorgel mit Zungenschlag-Mechanik aus der Spieluhrensammlung meines Großvaters, der sie in Wien ersteigert hat. Bereits als Kind war ich von dieser Drehorgel fasziniert. So war es für mich eine große Freude, als ich sie dann 1998 von meinem Vater geschenkt bekam. Der ca. 50 x 50 x 40 cm große Holzkasten wird mit einer Handkurbel betrieben, die einerseits den Blasebalken und andererseits die Lochplatten-Mechanik betätigt.
Ich besitze eine Anzahl von Lochplatten alter volkstümlicher Musik, die für diese Maschine vorgesehen waren. Ich konnte sehen, wie die Papplatten gestanzt und die Musikstücke umgesetzt wurden. So habe ich begonnen, eigene Kompositionen zu schreiben und selbst die Platten herzustellen.
Bruchstücken bearbeitet die Grenzen und Möglichkeiten beim Spielen der E-Gitarre. Ohne weitere Effekte wird durch Abdämpfen, Rückkopplungen, Präparationen etc. das Klang- und Geräuschspektrum der Gitarre erforscht. Dieser Fundus von Möglichenkeiten wird mit den Parametern Rhythmus, Klangfarbe, Tempo, Modulation und Lautstärke kombiniert. Dabei entsteht ein musikalischer Raum, der im Ablauf der Zeit improvisatorisch gestaltet wird. Die Improvisationen sind offene Spielformen, die im Augenblick entstehen. Es gibt konzeptuelle Grundmuster (Struktur) im Sinne klanglicher Ideen. Der Gitarrensound wird durch Klangschichtungen verdichtet, gedehnt, wiederholt, unterdrückt und/oder verstärkt, als würde man an einer Skulptur oder einem Gedanken arbeiten, der sich von Moment zu Moment entwickelt und so seine Form erhält. Dieser Prozeß wird hörbar gemacht.
All-Tag sind Stücke, in denen ich die Gestig und Intensität des Musizierens auf Alltagsgegenstände anwende – also Klang / Geräusch / Musik jenseits eines Musikinstrumentes umsetze. Eine Gitarre z.B. hat an sich eine musikalische Vergangenheit, d.h. man bewegt sich bereits in einem festgelegten musikalischen Kontext. Alltagsgegenstände zu verwenden, die erstmal jenseits von Musik stehen, bedeutet für mich, die klangliche Umsetztung analytischer hörbar zu machen. Das Geräuschspektrum, das z.B. beim Rühren eines Schneebesens im Milchtopf entsteht, wird improvisatorisch gegliedert durch Tempo, Rhythmus, Pausen, Lautstärke etc. Es geht nicht um die Bewußtmachung des Alltagsgeräusches, sondern um das Gestalten des Akustischen. (Dodo Schielein)

In Zusammenarbeit mit Staatsbank Französische Strasse. Gefördert durch Initiative Neue Musik Berlin e.V.

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