Cory Arcangel

28.11.2010
Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof
Museum für Gegenwart–Berlin – Aktionsraum

Music for Stereos
Performance | Composition

Liveprogramm zur Ausstellung
»Here Comes Everybody« von Cory Arcangel
30.11. 2010 – 01.05. 2011

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Musikwerke Bildender Künstler«, die seit 1999 von Freunde Guter Musik Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit der Nationalgalerie und weiteren Partnern durchgeführt wird, findet am 28. November die erste Live-Performance des in New York lebenden Künstlers und Musikers Cory Arcangel in Berlin statt. In seiner Komposition »Music for Stereos« hat der Künstler, ausgehend von dem Song »Knockout« von Lil Wayne, eine Gruppe von Popsongs zusammengestellt, die er an diesem Abend präsentiert; dabei hantiert er auf der Bühne mit aufwändig designten low-end Stereoanlagen.

Die Performance findet statt als Auftakt zu seiner Ausstellung »Here Comes Everybody« im Hamburger Bahnhof. Im Zentrum der Ausstellung steht die Doppelprojektion »a couple thousand short films about Glenn Gould« von 2007. In dieser Videoinstallation überträgt Cory Arcangel eine klassische Partitur auf vorgefundenes Material: Aus insgesamt 1.106 Einzelbildern aus verschiedenen Videoclips zusammengesetzt, die er aus dem Internet gezogen und mit einer selbst entwickelten Software bearbeitet hat, ist hier eine verblüffende Videoversion der 1. Variation aus den Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach zu erleben. In atemberaubendem Tempo wechseln die Bilder von verschiedenen Personen an unterschiedlichen Instrumenten, die jeweils eine Note des Stücks spielen. Die schon von dem Pianisten Glenn Gould genutzte Möglichkeit, für seine Schallplattenproduktionen Ausschnitte aus verschiedenen Aufnahmen zusammenzusetzen, wird hier auf humorvolle Weise ad absurdum geführt.

Cory Arcangel (*1978 Buffalo, NY) setzt sich in seinen Arbeiten mit Praktiken und Mythen der Internet-Kultur, der Pop-Musik und der experimentellen Musik auseinander. Er nutzt und modifiziert verfügbare Computerprogramme und entwickelt seine eigenen Programmierungen, um Bild- und Soundmaterial zu verarbeiten. Dabei interessieren ihn nicht nur die aktuellsten Trends in der Unterhaltungsindustrie und in der alltäglichen Nutzung des Internets, sondern er reflektiert auch das rasche Veralten von Technologien und Codes. Zu seinen Arbeiten gehören Videoinstallationen, skulpturale Werke, Internetprojekte und Musikperformances, die seit 2002 in zahlreichen internationalen Kunstinstitutionen gezeigt wurden.

Nach dem Abschluss seines Studiums 2000 am Oberlin Conservatory of Music in Ohio erlangte Arcangel 2002 erste Aufmerksamkeit in der Kunstwelt mit seiner Videoarbeit »Super Mario Clouds«, in der er den Programmchip aus dem Computerspiel-Klassiker der 1980er Jahre entfernte und durch einen selbstgebauten Chip ersetzte; aus dem Originalspiel blieben nur die endlos ziehenden Wolken erhalten.

Seit 2006 verwendet Cory Arcangel auch musikalische Kompositionstechniken der 1960er Jahre zur Bearbeitung des zumeist vorgefundenen Bild- und Soundmaterials: In »Untitled (After Lucier)« (2006) ist es der digitale Videoloop eines legendären Fernsehauftritts der Beatles, dessen Bild durch ein von ihm geschriebenes Programm, mit Verweis auf die berühmte Arbeit »I am sitting in a room…«  von Alvin Lucier, schrittweise, bis zur völligen Abstraktion komprimiert wird. Und auch in der Videoarbeit »Sweet 16« aus dem selben Jahr wird das Ausgangsmaterial, in diesem Fall zwei kurze Segmente aus dem Guns N’ Roses-Video »Sweet Child O’ Mine«, durch einen kompositionstechnischen Eingriff verändert. In dieser Doppelprojektion bedient sich Arcangel der Technik des phasing von Steve Reich, bei der die beiden sich wiederholenden Videosequenzen teils phasenverschoben, teils wieder synchron zueinander gespielt werden.

In seiner Ausstellung im Hamburger Bahnhof wendet Cory Arcangel das Prinzip des phasing auf kinetische Skulpturen an, wodurch ein einfaches Regalsystem zum Tanzen gebracht wird. Weiterhin zu sehen sind u.a. zwei Videoarbeiten, in denen Material aus You Tube-Filmen zu einem Arnold Schönberg-Musikvideo zusammengeschnitten bzw. ein Videoclip von Jimi Hendrix einem handelsüblichen Auto-Tune-Programm ausgesetzt wird.

Kuratorinnen:
Ingrid Buschmann, Freunde Guter Musik Berlin e.V.
Gabriele Knapstein, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof

Eine Veranstaltung von Freunde Guter Musik Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart – Berlin. Gefördert durch Initiative Neue Musik Berlin e.V. Mit Unterstützung durch Galerie Thaddaeus Ropac, Paris/Salzburg.

Weitere Informationen:
www.musikwerke-bildender-kuenstler.de
www.coryarcangel.com

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Englisch

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