20 Jahre gelbe MUSIK

11.12.2001
staatsbank berlin

Eine Veranstaltung anlässlich des 20. Jubiläums der gelben MUSIK mit:
Ich schwitze nie, Armchair Travellers & vielen Miniperformances u.a. von Richard Barrett, Eberhard Blum, Amelia Cuni, Arnold Dreyblatt, Sven-Åke Johansson, Cressida Joyce, Rolf Julius, Christina Kubisch, Hans Peter Kuhn, Klaus Lang, Dirk Lebahn, Gordon Monahan, David Moss, Wolfgang Müller, Ann Noël, Matthias Osterwold, Roberto Paci Dalo, Dieter Scheyhing, Eva Maria Schön, Akio Suzuki, Junko Wada, Ute Wassermann, Emmett Williams

Die gelbe MUSIK mit ihrem ebenso erlesenen wie auch außergewöhnlichen Angebot von Tonträgern zwischen Futurismus, Meta- und Minimal-Musik, Cage und seinen Folgen, musique concrète, konkreter Poesie sowie Klangkunst und Vorläufern der Avantgarde bis zu elektroakustischer und elektronischer Musik, ein Laden für Liebhaber der ars acustica, wird 20. Freunde Guter Musik gratulieren und widmen das letzte Konzert des Jahres diesem Jubiläum.

Auf den Tag genau vor zwanzig Jahren, am 11. Dezember 1981 eröffnete Ursula Block ihre Schallplattenhandlung und Galerie in der Schaperstraße, die nicht nur zum regelmäßigen Stöbern nach neuen Klangerlebnissen einlädt, sondern gleichzeitig Treffpunkt und Informationsbörse für Musiker, Tänzer, Veranstalter und Journalisten ist. Im Klangschaufenster der gelben Musik, deren Name, inspiriert von Kandinsky (gelb beunruhigt den Menschen, sticht, regt ihn auf und zeigt den Charakter der in der Farbe ausgedrückten Gewalt) schon auf die Verbindung von Musik und Kunst verweist, ist die ars acustica nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. In den Räumen, in denen zuvor die international renommierte „Galerie René Block“ untergebracht war, präsentierte Ursula Block in inzwischen über 50 Ausstellungen Komponisten und Künstler wie John Cage oder Nam June Paik, der in „His Master’s Choice“ einen Plastikhund hingebungsvoll sein eigenes Abbild auf einem Monitor betrachten ließ. 1982 war sie kurz nach der Eröffnung in Berlin mit ihrem Laden Gast der documenta, der Katalog zu ihrer weltweit gezeigten Schau „Broken Music“ ist mittlerweile Standardwerk geworden. Mit der festlichen Veranstaltung sollen ihre Arbeit und ihr Engagement gewürdigt werden. Als Mitbegründerin und aktives Mitglied der Freunde Guter Musik Berlin e.V. steht Ursula Block zudem seit 18 Jahren mit Rat und Tat den Freunden zur Seite. Ein schöner Anlaß zum Feiern, wozu wir Sie und Ihre Leser/ Hörer/ Zuschauer herzlich einladen möchten.

Unerhörtes zu hören, Klängen der Ferne zu lauschen und Sehnsüchten frönen ohne die Vorzüge des Heimischen zu verschmähen ist der Leitfaden des langen Abends. Zu quasi-exotischen Hörabenteuern laden u.a. Werner Durand, der von Anbeginn bis heute die gelbe MUSIK als kompetenter und kreativer Mitarbeiter mitgeprägt hat, gemeinsam mit Sebastian Hilken, Silvia Ocougne und Hella von Ploetz mit ihrer Band Armchair Traveller: im gemütlichen Lehnstuhl in den heimischen Gefilden beginnt eine Entdeckungsreise zum Exotischen im eigenen Selbst. Ihre auf selbstgebauten Instrumenten aus Alltagsmaterialien oder auf üblichen Instrumenten mit speziellen Präparationen gespielte Musik klingt ebenso archaisch wie völlig neu erfunden. Ein mit Büroklammern gespicktes Cello ähnelt da dem afrikanischen Daumenklavier, eine mit Wasser oder Bogen bearbeitete Glasharfe dem Trompeten eines Ozeandampfers oder Elefanten und auf Plexiglasrohre werden die Blastechniken der arabischen bzw. iranischen Ney-Flöte angewandt. Armchair Traveller „spielt mit exotischen Atmosphären, aber immer über die Bande mehrfacher Brechung. … Die einzelnen Stücke, imaginär auf verschiedenen Meridianen des Globus angesiedelt, klingen wie Stammesmusik, aber doch gleichzeitig experimentell und (post)industriell“ (Matthias Osterwold, Armchair Traveller The Perfect Record, 2001).

Kaum wiederzuerkennen sind auch die so vertrauten und doch völlig neuen Interpretationen alter Schlager und Evergreens des Trios Ich schwitze nie. Wenn Lars Rudolph nicht in „Lola rennt“ oder in die „Kaiserin und der Krieger“ um die Liebe kämpft, rettet er mit Hanno Leichtmann und Nicholas Bussmann alles von kitschigen Seemannsliedern von Hans Albers über Fern- und Heimweh bis zu  rauchigen Chansons à la Zarah Leander über Träume und Sehnsüchte in die heutige Clubwelt. Über die Band mit dem aberwitzigen Titel „Ich schwitze nie“, für Volker Lüke vom Tagesspiegel der „coolsten aller Namen im deutschen Popbusiness“, schreibt Wolf Kampmann auf der homepage des labels der drei Musiker: „Wer sich so nennt, kann nur sehr gut oder total bescheuert sein. Hier haben wir beides zusammen… Geschmackvoll schaukeln die drei zwischen aufgeräumter Parodie und respektvoller Interpretation durch tückisches Gewässer, umschiffen souverän bekannte Sehnsuchts-melodien (Caprifischer, Die rote Laterne von St. Pauli…).“. Und Uwe Viehmann von Spex urteilt: „Eine unglaubliche Schönfolter aus Easy Listening, eventhafter Elektro-Improvisation, Kammermusik, Hans Albers, Kurt Weill, Hundegewinsel, Noise, Chanson, NDW, Schmatzen und Wissen um grossen alten Jazz.“. Und „News. rec rec distribution“ empfiehlt: „Ihre Songs sind atmosphärische Monolithen, groovige Hüftschwünge und hemmungslose Seemanns-Hymnen. Hinreissend verschroben!“.

Außerdem hat sich eine ganze Reihe von Gratulanten angesagt, die einen bunten Strauß von Miniperformances überreichen werden. Für die Befriedigung leiblicher Bedürfnisse nach Exotika sorgt der für seine zahlreichen kulinarischen Projekte bekannte Gordon W, der demnächst die Pforten von „Forbidden Island“ an der Kastanienallee eröffnen wird.

Gefördert durch Initiative Neue Musik Berlin e.V.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Englisch

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