Ulrich Krieger

06.12.2001
Bastard@Prater

– New Sax Electronica 3 –
Saxophon und spielergesteuerte Elektronik

Mit der 3. Ausgabe des Projekts ‚New Sax Electronica‘ bringt der Berliner Saxophonist, Elektroniker und Komponist Ulrich Krieger wieder ein Programm auf die Bühne, daß jegliche Kategorien negiert. Mit dem Ansatz der spielergesteuerten Live-Elektronik wird ein Tor zu einer völlig neuen Klangwelt für das Saxophon aufgestoßen: Noise, Club, klassische Avantgarde, Rock sind einige der Bezugspunkte, die sich in diesem Programm wieder finden. Die Grenzen zwischen Instrument und Elektronik verschwimmen und werden unhörbar: akustische Elektronik oder elektronische Akustik ? Unwichtig! Das sinnliche Klangerlebnis steht im Vordergrund. Komponisten verschiedenster Ausrichtung lassen sich auf dieses Wagnis ein.

Lee Ranaldo von der international bekannten Noise-Rock Gruppe Sonic Youth hat sein ursprüngliches Konzept kurzfristig umgeworfen. Unter dem Eindruck des Attentats auf das World Trade Centre von dem er zwei Straßen entfernt wohnt, hat er eine ‚Elegy for WTC‘ komponiert. Drones and Noises. Marc Weiser vom Berliner Rechenzentrum läßt einen seiner unveröffentlichten Tracks von Ulrich Krieger sozusagen mit dem Saxophon remixen: Instrumental- House ? Ein Veteran der Berliner Experimentalszene ist Guido Hübner, der schon in den 80ern mit seinem Synthetischen Mischgewebe auf sich aufmerksam machte. Sein Stück stellt die sonst ungewollten Nebengeräusche der Elektronik in den Mittelpunkt und läßt sie brummen und rauschen. Der bekannte Industrial -Musiker John Duncan baut intensive Lärmwände aus Luft- und Spielgeräuschen auf. Die Berliner Neue Musik Komponisten Burkhard Schlothauer und Rainer Rubbert, die beide für einen unterschiedlichen nicht-akademischen Ansatz des Komponierens stehen wagen sich auf neues Terrain vor. Rubbert schichtet Wiederholungen übereinander und blendet diese ein und aus. Schlothauer läßt einfache Töne sich überlagern und den Zuhörer im Zweifel, was nun elektronisch und was live ist. Im Stück von Ulrich Krieger wird der Bereich zwischen Ton und Rauschen erforscht – und es tun sich klangliche Abgründe auf.

Der neue Ansatz von New Sax Electronica besteht darin, daß anstatt wie sonst üblich die Live-Elektronik nicht von einem Tontechniker bedient wird (und das Solo dadurch eher zu einem Duo wird), sondern der Spieler die Elektronik mit sich auf der Bühne hat und alles selbst steuert. Damit erlangt er die vollständige Kontrolle über sein Spiel zurück. Dabei ist es notwendig, daß Komponist und Interpret sehr eng zusammenarbeiten. Der Spieler muß die Elektronik als Erweiterung seines Instruments verstehen und sie genauso gut kennen wie dieses. Die traditionelle, akademische Trennung zwischen Interpret und Komponist wird dadurch unterwandert, die Stücke werden zu Kollaborationen. Im Gegensatz zu den multitrack ‚Walls of Sound‘-Projekten von Ulrich Krieger werden hier die Grenzen der elektronischen Verfremdung des Saxophons ausgelotet.

Gefördert durch Initiative Neue Musik Berlin e.V.

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