Net.Night

09.10.2001
staatsbank berlin

– Musikmachen im Netz –
mit: Guy van Belle, Sergi Jorda, Chris Brown
Kurator: Golo Föllmer

Netzmusik – Guy van Belle, Chris Brown und Sergi Jordà gehören zu den avanciertesten Audio-Artisten im Netz. Als Computermusiker, Medienkünstler und Bastler arbeiten sie an Konzepten, Ereignissen, Software, Klängen und Webseiten für eine Musik des Netzwerks. Was heißt das?
Bei der musikalischen Arbeit im Netz treten Möglichkeiten zutage, die es vorher so nicht gab. Vernetzte Musikinstrumente können »durcheinander hindurch« gespielt werden, d.h. Spieler können beispielsweise, egal wo sie sind, alle auf dem selben virtuellen Klangerzeuger spielen oder flexibel in das Spiel anderer Musiker hineinwirken. Die so erzeugten Töne stehen weniger für eine Aussage, als dass sie einen Prozess, einen Vorgang, eine Genese hörbar machen. Ist die Genese abgeschlossen, dann steht da nicht eine vollendete Musik, sondern sie ist ganz im Gegenteil gerade schon vorbei. Die Aufführung besteht also darin, Kräfte und Verhältnisse als Klänge darzustellen, und die Musik ist das gesamte akustische Ereignis, plus visuelle Elemente, plus agierende Menschen und Maschinen, plus dahinterstehende Prozesse und Regeln.

Die zwei zentralen Elemente, Experiment und Systemhaftigkeit, sind nicht per se neu in der Musik. Aber die Strukturen, in denen sie umgesetzt werden, sind es. Die Eigenartigkeit vernetzter Instrumente, die schiere Masse der verfügbaren Software und der Informationen darüber, die Vielfalt der technischen und ästhetischen Diskussionen über musikalische Konzepte, die Ästhetik der Geschwindigkeit und der Verbindung zwischen Bild-Ton-Text, mit der alle Prozesse geimpft sind – diese Aspekte prägen in einer eigenwilligen, komplexen, beschleunigenden, selbstorganisierenden Weise die Art, wie man im und mit dem Netz Musik machen kann.

Die Performance am 9. Oktober ist der Abschluss zweier Workshop-Tage, in denen die drei elektronischen Musiker ihre individuellen Methoden des Musikmachens im Netzwerk vermittelt und diskutiert haben. Allein und zusammen mit den Teilnehmern des Workshops zeigen Jordà, Brown und van Belle am Dienstag abend, mit welchen kreativen Techniken im Internet und im lokalen Netzwerk neue Formen des musikalischen Zusammenspiels entstehen.

Guy van Belle ist digitaler Experimentalist und Mitarbeiter des Institute for Psychoacoustics and Electronic Music (IPEM) in Ghent, Belgien. Seine Arbeit bewegt sich zwischen audiovisueller und kommunikativer Kreativität. Eines seiner Lieblingsthemen ist die Poesie komplexer Spontanität zwischen Mensch und Maschine.

Chris Brown ist Komponist, Pianist und Kodirektor des Center for Contemporary Music am Mills College in Oakland, USA. Als Mitgründer der Formation „The Hub“ im Jahr 1985 ist er einer der Protagonisten der Netzwerkmusik. In Berlin wird er Stücke für vernetzte Performer mit der Software „Supercollider“ aufführen.

Sergi Jordà ist Computer-Musiker, Software-Entwickler und Kodirektor des Master of Digital Arts an der Pompeu Fabra Universität in Barcelona. Er hat das kollaborative Instrument „F@ust Music On Line“ (FMOL) entwickelt, das er in Berlin zusammen mit lokalen und entfernten Musikern spielen wird.

In Zusammenarbeit mit 15. Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik, gefördert durch Initiative Neue Musik Berlin e.V.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Englisch

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