20 Jahre Freunde Guter Musik Berlin e.V.

26.09. – 04.10.2003
St. Elisabeth-Kirche, Villa Elisabeth

1983 – 2003 Abenteuer des Hörens
Konzerte / Performances / Events / Klangkunst / Lectures / Parties

Die Aktivitäten der Freunde Guter Musik haben in Berlin Tradition. Seit 1983 widmen sich die Freunde als gemeinnütziger Verein der Präsentation und Vermittlung von neuer Musik und Musik in neuen Formen. Zahlreiche internationale, deutsche und Berliner Künstler wurden eingeladen, ihre Arbeiten an wechselnden ausgewählten Schauplätzen der Stadt zu präsentieren; viele von ihnen waren zum ersten Mal in Berlin zu hören und zu sehen. Die meisten dieser Künstler entziehen sich den üblichen Kategorien des Musiklebens; sie operieren an den experimentellen Rändern der Sparten und im Grenzland von Musik, Bildender und Darstellender Kunst. Composer-Performances, Minimal Music und ihre Ausläufer, avancierte Improvisationen, Musik mit ethnischen und volksmusikalischen Wurzeln, Musik auf neu erfundenen, wiedergefundenen oder mutierten Instrumenten, live-elektronische Musik, aber auch „sound art“ oder Klangkunst – akustische Installationen, Environments, Klangskulpturen, musikalische Medienkunst und Projekte Bildender Künstler – beschreiben in Umrissen das Arbeitsgebiet der Freunde.

Das Sonderprogramm anlässlich des 20jährigen Jubiläums der Freunde versammelt insgesamt 16 Projekte von internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die für die Arbeit der Freunde exemplarisch sind. Neben Projekten von Künstlern, die seit vielen Jahren eng mit den Freunden verbunden sind, stehen Auftritte von Künstlerinnen und Künstlern, die seit langem zu den bisher noch nicht realisierten ‚Wunschkonzerten‘ der Freunde gehören. Das Sonderprogramm umfasst insgesamt sechs Veranstaltungen, die unter ausgewählten Stichworten das inhaltliche Spektrum der Aktivitäten des Vereins umreißen:

Als MAXIMAL MINIMAL sind die legendären Auftritte von Glenn Branca mit seinem Ensemble in Berlin zu bezeichnen. Sie markieren sowohl den Beginn als auch wichtige Etappen der Geschichte der Freunde: eine Aufführung seiner „Symphony No.4“ im Jahr 1983 war das erste von den Freunden veranstaltete Konzert. Sowohl zum 5. Jubiläum („Symphony No.6) als auch zum 10. Jubiläum (Uraufführung des Kompositionsauftrags „Symphony No.9“) standen weitere Werke Brancas auf dem Programm. Nach der europäischen Erstaufführung seiner Komposition „Movement Within“ anlässlich des 15jährigen Bestehens wird nun die „Symphony No.14“ von Glenn Branca als Auftragswerk der Freunde zum 20jährigen Jubiläum uraufgeführt.

Unter dem Stichwort NETZMUSIK widmen sich die Freunde einem Bereich musikalischer Produktion, der sich noch im Entwicklungsstadium befindet. Mit der Einladung an den Musiker und Komponisten zeitblom, ein musikalisches Projekt im Internet zu entwickeln, soll eine neue Präsentationsform für die Aktivitäten der Freunde initiiert werden. In loser Folge werden in der Zukunft weitere Künstler eingeladen, musikalische Netzprojekte unter der Internet-Adresse der Freunde zu entwickeln. Gleichzeitig werden sich die Freunde im Netz mit einer neu eingerichteten Datenbank präsentieren, die sämtliche bisherigen Veranstaltungen der Freunde dokumentiert und über die aktuellen Aktivitäten des Vereins informiert. zeitblom gibt neben der Präsentation seines musikalischen Netzprojekts „biomorph source music III/audiotracts“ ein Konzert, in dem er seine Vorstellung eines biomorphen Komponierens auf einen weiteren Bereich, die Filmmusik, anwendet.

Veranstaltungen zum Thema Stimme sind regelmäßiger Bestandteil des Freunde-Programms. Über die Jahre dokumentieren sie die ganze Bandbreite der aktuellen Vokalmusik, mit besonderem Akzent auf „voice work“. Auch das seit 1985 regelmäßig stattfindende Festival „Urban + Aboriginal“  richtet ein besonderes Augenmerk auf die Stimmkunst. So war die Ausgabe „V.OKAL“ von 1989 gänzlich der Stimme gewidmet. Die Konfrontation zwischen Tradition und Moderne in den europäischen und außereuropäischen Ländern hat als Leitidee immer mehr die jüngsten Ausgaben der Reihe bestimmt. Häufig wurden besondere traditionelle Vokalmusiken aus nahen und entlegenen Regionen der Welt vorgestellt. Die Jubiläumsbeiträge zu CANTI kommen aus Italien. Mit der 80jährigen Michiko Hirayama aus Rom gibt es die rare Gelegenheit, eine der herausragenden  Stimmen der Avantgarde zu erleben. Zu einem Höhepunkt aus früheren Programmen von Urban + Aborginal gehört der Auftritt des faszinierenden vierstimmigen Männerchors Tenores di Bitti aus Sardinien.

FEMMES ELECTRONIQUES – Der Nachmittag im Grünen Salon der Volksbühne im November 1997 mit einer vierstündigen Erstaufführung des gesamten „Adnos“-Zyklus von Eliane Radigue ist vielen Freunden in besonderer Erinnerung. Die Aufführung ihrer neuen Arbeit „L‘Ile Re-Sonante“ ist erst ihr zweiter Auftritt in der Stadt. Die Pariser Minimalistin gehört ebenso zu den Pionierinnen der elektronischen Musik wie die Komponistin, Performerin und Klanginstallations-Künstlerin Maryanne Amacher aus den USA, die seit ihrem Aufenthalt im Jahre 1986 als Stipendiatin des DAAD nicht mehr in Berlin zu Gast war. Beide, Radigue und Amacher, arbeiten mit psychologischen und physiologischen Grenzerfahrungen beim Hören. Sie markieren zwei verschiedene Positionen, die am Anfang einer langen Entwicklung der elektronischen Musik stehen, die von den Freunden bis heute aufmerksam verfolgt wird.

Die Präsentation herausragender Musiker als Solisten sowie in wechselnden Formationen gehört zur Tradition der Freunde. An dem Abend mit BANDS ‚N‘ BOYS werden drei Bands stellvertretend vorgestellt. Zu den besonderen Ereignissen in den 80er Jahren gehörten u.a. die Auftritte der Composer/Performer Ned Rothenberg und Samm Bennett mit ihrem Trio Semantics, damals zusammen mit Elliott Sharp. Nun stellen sie, gemeinsam mit dem japanischen Gitarristen Uchihashi Kazuhisa, erstmals in Berlin ihre neue Band R.U.B. vor. zeitblom, durch sein Netzprojekt mit den Freunden verbunden, greift anlässlich des Jubiläums zur Bassgitarre, um mit Alex Hacke und Rudi Moser, die nicht nur bei den Einstürzenden Neubauten spielten, „The No Ensemble“ aus der Taufe zu heben. Das Swing Trio „Hudson Riv“ um Sven-Åke Johansson, ohne den die Geschichte der Freunde um Vieles ärmer wäre, rundet den Abend ab.

Zum Abschluss des Jubiläumsprogramms werden unter dem Stichwort BANDS ‘N‘ ARTS mit Martin Creed und Rodney Graham zwei international bekannte Bildende Künstler mit ihren Bandprojekten präsentiert. Die thematische Arbeit an den Schnittstellen von Musik und Bildender Kunst gehört seit Beginn der Aktivitäten der Freunde Guter Musik Berlin zu einem Schwerpunkt der inhaltlichen Konzeption. Seit 1999 wird dieser Aspekt in der Veranstaltungsreihe „Musikwerke Bildender Künstler“ kontinuierlich verfolgt. In dieser Reihe wurde u.a. auch das musikalische Projekt „Parsival“ von Rodney Graham uraufgeführt. Im Rahmen des Jubiläumsprogramms wird Graham nun erstmals gemeinsam mit seiner Band zu einem seiner seltenen Live-Auftritte als Singer-Songwriter nach Berlin eingeladen. Auch Martin Creed tritt als Sänger und Gitarrist erstmals mit seinem neuen Bandprojekt und einem Programm neuer Songs in Berlin auf.

PLATTENSPIELER/INNEN – Pioniere des Plattenspielens wie Christian Marclay sind seit vielen Jahren regelmäßig bei den Freunden zu Gast. Zum Jubiläum geht die Einladung an verschiedene Vertreter dieses Genres, die jeweils auf den thematischen Schwerpunkt eingehen und zum Ausklang der Abende in einer von den Freunden eingerichteten Lounge zum Zuhören, aber auch zum Tanzen einladen.

Als Veranstaltungsorte und Kooperationspartner für das umfangreiche Jubiläumsprogramm konnten die St. Elisabeth-Kirche und das ehemalige Gemeindehaus, die Villa Elisabeth, in der Invalidenstraße gewonnen werden. Die großartige Architektur der Kirche, von Karl Friedrich Schinkel als Hallenbau mit Portikus im „antikischen Stil“ entworfen und 1835 eingeweiht, 1945 ausgebrannt und erst seit 1999 wiederhergestellt, bildet den Rahmen für insgesamt drei Veranstaltungen des Programms. Alle weiteren Konzerte sowie die Lounge finden in dem nicht weniger eindrucksvollen Saal und im Foyer der Villa Elisabeth statt.

Künstlerische Leitung / Vorstand: Ingrid Buschmann, Matthias Osterwold, Vilém Wagner

Programmteam / Aktive Mitglieder: Ursula Block, Gerd de Vries, Werner Durand, Golo Föllmer, Julia Gerlach, Gabriele Knapstein, Rüdiger Lange, Dieter Scheyhing, Volker Straebel

In Zusammenarbeit mit Kulturbüro SOPHIEN, Hebbel am Ufer und Elektronisches Studio der TU Berlin. Ermöglicht durch den Hauptstadtkulturfonds. Mit freundlicher Unterstützung der Botschaft von Kanada, Berlin, Mediapool Veranstaltungsservice und C.Bechstein AG. Das Konzert der Tenores di Bitti am 28.9. wird präsentiert von RADIOmultikulti.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Englisch

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