Wandelkonzert

Samstag, 4. Oktober 2014  …. zwischen 18 und 21 Uhr ….

Sammlung Hoffmann
Sophienstr. 21 · 10178 Berlin

Ein Wandelkonzert.
Stille, »Innere Stimme« und Ausschnitte aus Stücken ziemlich langer Dauer

David AskevoldFFACC Tuning Fork Concert für Stimmgabeln (1970)
Robert BarryEnergy Field (AM 130 KHz) (1968)
John Cage4’33’’ Partitur (1952)
William EngelenFalten für Perkussion (2013)
Augustin MaursKanon (Satie as Birthday Cake) für Stimmen (2014)
Jonathan MonkSilent DJ für DJ
Alexander MoosbruggerZuspiel auf Vinyl Langspielplatte (2014)
Olaf NicolaiInnere Stimme (2010)
Olaf Nicolai443 (2014)
Yoko OnoEarth Piece Partitur (1963)
Eric SatieVexations für Klavier (1893)
Karlheinz StockhausenLibra für Spieluhr (1975-76)
Gerd de Vries, E.H. (Hommage an LaMonte Young
und Erika Hoffmann) für elektrische Orgel (2014)

Eintritt frei, Anmeldung unter: info@freunde-guter-musik-berlin.de

Eine Veranstaltung von Gerd de Vries zu seinem 70. Geburtstag 2014
in Zusammenarbeit mit Freunde Guter Musik Berlin e.V.
Mit herzlichem Dank an Erika Hoffmann.


Informationen zum Programm:

John Cage, 4′33″ (Four minutes, thirty-three seconds)
Da während der gesamten Spieldauer des Stückes kein einziger Ton gespielt wird, stellt eine Aufführung dieses Werkes die gängige Auffassung von Musik in Frage. 4′33″ wurde so zu einem Schlüsselwerk der Neuen Musik und regte Zuhörer wie Komponisten zum Nachdenken über Musik und Stille an. „Bis ich sterbe, wird es Geräusche geben. Und diese werden meinen Tod überdauern. Man braucht keine Angst um die Zukunft der Musik zu haben.“ (John Cage)

William Engelen, Falten
Falten for percussion ist eine Installation bestehend aus 15 Partituren befestigt auf 13 Notenständer und eine Einspielung des Perkussion Ensembles Talujon, zu hören über eine Stereoanlage. 4 Partituren sind für Quartett, 11 für Solisten geschrieben. Das Instrumentarium besteht unter anderem aus: Waschbrettern, Singenden Sägen, Steinen, Öllkanistern, Triangel, Snare und Talking Drum.
Die Partituren sind folgendermaßen entstanden: Auf einem Blatt Papier wird eine Zeitachse angebracht, dann wird dieses Blatt gefaltet. Auf die Stellen des Papiers, die nach dem Falten noch sichtbar sind, werden oberhalb der Zeitachse Notenlinien gezeichnet. Die Notenlinien markieren die Abschnitte, in denen Klang zu hören sein wird, die Stellen, die in der Falte liegen, lassen sich als Pause lesen. So ensteht zunächst eine Organisation von Zeitangaben, wo die Musiker spielen sollen und wo sie still sind. Die 15 Partituren sind alle verschieden gefaltet, besitzen alle eine unterschiedliche Räumlichkeit, Form, Komplexität, Rhythmik. Diese visuelle Unterschiede bilden weitere Parameter für die Musiker.

Augustin Maurs, Kanon
Eine Sängerin steht als konzertierende Sängerin da während ein anderer Sänger anonym, beziehungsweise abwesend bleibt. Die beiden Stimmen bewegen sich in einem Spiel der Imitationen, aber im Gegensatz zum strengen Kanon, entstehen zeitliche und klangliche Alterationen, die teilweise notiert sind, teilweise mündlich vereinbart wurden. So kann sich der Kanon theoretisch endlos, und sich dennoch verändernd, fortspinnen.

Jonathan Monk, Silent DJ
Adam Carr: What about the piece in your exhibition at the ICA, London  …  a few years ago? One could see this piece but couldn’t hear it.
Jonathan Monk: Yes, the Sound Piece or Silent DJ: … A DJ is hired to play a regular set, but only s/he gets to hear the music that is played, through headphones; the audience just watches the movements of the performer.
— Jonathan Monk, Interview mit Adam Carr für ARTUNER  (www.artuner.com/insight/interview-jonathan-monk/)

Alexander Moosbrugger, Zuspiel auf Vinyl
Zuspiel auf Vinyl ist veranlasst durch den runden Geburtstag von Gerd de Vries und wird in der Sammlung Hoffmann uraufgeführt. Die Stücke auf Langspielplatte – 18 insgesamt – setzen mit solchen ein, die auch Teil von Alexander Moosbruggers Ensemblestück Fonds, Schach, Basar sind. Hörparameter werden untereinander in Spielbeziehung gebracht, etwa das Vorfeld und das Dazwischen einer auditiven Verabredung, wenn sich die Hörerschaft vor Konzertbeginn sammelt, Ruhe und Konzentration herstellt, ehe ein Spieler Musik intoniert. Situationen solcherart wurden bei einem Klavierabend von András Schiff zur Variationsthematik (eine Vorgabe, stete Wandlung) aufgenommen – aus der Warte des mikrophonierten Flügels –, als »Stille davor« und »Stille danach« neu gereiht und komponiert, auf Vinyl geschnitten. Schwarze Ritzen rotieren, das Abtastgeräusch der Nadel wird verstärkt.

Olaf Nicolai, Innere Stimme
Innere Stimme is the title of a notation used by Olaf Nicolai as instruction for a sound performance. … The melody of the Innere Stimme is performed throughout the entire duration oft he performance by several singers simultaneously at each time. The possibility of variations and improvisations, in articulation as well as in the movements through the room, is left up to the singers.
— Impressum im Katalog (Innere Stimme), SBKM/De Vleeshal, Middelburg/Roma Publications 2010

Es gibt  einen Text des jungen Karl Marx, in dem er als einzigen Unterschied zwischen Tier und Mensch den Umstand nennt, dass der Mensch nach den »Maßgaben der Schönheit« produziert. Und da genau liegt der Punkt. Was ist Schönheit? Und wie charakterisiert sie das Produzieren? Welche Entscheidungen fälle ich beim Produzieren, wie verbinden sich Formen, Bedürfnisse, Genießen, was für mich mit der Frage zusammenhängt: Wie bildet sich das Ästhetische? Und zwar nicht auf der Ebene der bewussten Entscheidung, eher als eine Art Flexion.
— Olaf Nicolai über Karl Marx’ Ökonomisch-Philosophische Manuskripte (1844)

Eric SatieVexations
Vexations (frz. etwa: Quälereien) ist ein Klavierstück des französischen Komponisten Erik Satie. Es handelt sich um eines der ersten Beispiele für ein repetitives Arrangement sowie für Atonalität in der Kunstmusik und wird allgemein als eines der längsten Stücke der Musikgeschichte überhaupt angesehen, obwohl die Partitur nur aus einer Seite besteht. Vermutlich gehört Vexations zu Saties Werkreihe Pages Mystique, auch wenn dies nicht sicher ist.
Das Stück, das wahrscheinlich 1893 komponiert wurde, besteht aus einem Thema und zwei Variationen. Zur Art und Weise der Realisation gab Satie den eigenwilligen Rat: „Um dieses Motiv achthundertvierzigmal zu spielen, wird es gut sein, sich darauf vorzubereiten, und zwar in größter Stille, mit ernster Regungslosigkeit.“

Karlheinz Stockhausen, Libra
12 Melodien der Sternzeichen
Komponiert 1974-75 für Spieluhren und realisiert mit Technikern in der Spieluhrenfabrik Reuge in St. Croix (Schweiz).
Alles begann mit Stockhausens Tochter Julika. Bei der damals Zweijährigen grummelte es fürchterlich im Bauch, worauf der Vater … das Kind mit der Feststellung »Julika, du hast ja Musik im Bauch« zum Lachen und auch Weinen brachte. »1974, sieben Jahre später, wachte ich eines Morgens aus dem Schlaf auf und hörte und sah eine Aufführung von ›Musik im Bauch‹ genau so, wie ich sie jetzt aufgeschrieben habe«, heißt es in den Erinnerungen des Komponisten. Die Vision löste eine ganze Lawine künstlerischen Schaffens aus: Stockhausen begann, sich mit den zwölf menschlichen Charakteren des »Tierkreises« zu beschäftigen, von denen er bis dahin »nur eine vage Ahnung hatte«. »Beim Erfinden jeder Melodie dachte ich an das Wesen von Kindern, Freunden und Bekannten, die im betreffenden Sternzeichen geboren sind«, schrieb Stockhausen. »Jede Melodie ist jetzt in allen Maßen und Proportionen im Einklang mit den Charakterzügen ihres Sternzeichens komponiert.« Man werde viele Gesetzmäßigkeiten entdecken, wenn man eine Melodie oft höre und ihre Konstruktion genau betrachte.
— Gisela Schwarz, Kölner Stadtanzeiger, 01.01.2013

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